SCHIESST DIE SCHWEINE TOT oder Die Macht des Schicksals
Im Fokus des Stücks stehen die Vorgänge um den selbsternannten Nationalsozialistischen Untergrund (NSU), welche durch den noch immer nicht abgeschlossenen Strafprozess weiterhin von Relevanz sind. Hierbei werden mehrere Ebenen miteinander verknüpft:
Auf der einen Seite steht die Dokumentation der Verbrechen von Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe. Neben den Müttern von Böhnhardt und Zschäpe, welche als indirekt Betroffene den Werdegang ihrer Kinder zu schildern versuchen, wird auch den Opfern der rechtsterroristischen Mordserie das Wort gegeben. Auf eindringliche Art und Weise wird so das Schicksal der Betroffenen veranschaulicht.
Eingerahmt werden diese Taten von einem Theaterstück: Nach dem plötzlichen Unfalltod seiner Freundin Maria entwickelt Moritz einen geradezu fanatischen Hass auf den Syrer Abdallah, welcher unschuldig in den Vorfall verwickelt war. Beim Versuch, den schweren Verlust zu verkraften, lässt er sich durch die Internetseite „Schießt die Schweine tot“ von den Verbrechen des NSU dazu anregen, selbst zum Täter zu werden und vertieft sich zunehmend in die rechtsradikale Ideologie. Untermalt wird dieser Werdegang durch die verzweifelten Bemühungen seines Umfelds, wieder Zugang zu Moritz zu bekommen und ihm dabei zu helfen, seinen Weg aus der Trauer zu finden.
Die besondere Rolle als „unbeteiligt Beteiligte“ wird dem kleinen ermordeten Mädchen Peggy Knobloch auf der dritten Ebene zuteil. Durch eine Verkettung von Ermittlungspannen wurde ihr noch immer ungelöster Fall mit den kriminellen Machenschaften des NSU in Verbindung gebracht und somit zum Teil der dramatischen Inszenierung.
Durch die Verknüpfung dieser drei Ebenen schließlich ergibt sich ein komplexes Theaterstück, welches sich mit dem Einfluss rechtsradikalen Gedankenguts und der Folgen extremistischen Handelns für Täter, Betroffene und deren Umfeld auseinandersetzt. Ebenso wird die einfache Zugänglichkeit zu gewaltverherrlichenden Inhalten durch das Internet kritisch beleuchtet. Die Verbindung all dieser Komponenten dient der Erinnerung an die Bedeutung eines aufmerksamen Miteinanders zur Prävention von Radikalisierung, welche meist weniger auf Hass als auf einem persönlichen Problem gründet – wie in unserem Stück mit dem Tod von Maria dargestellt. Erst dieser schwere Schicksalsschlag verleitet Moritz zur Suche nach einem Sündenbock und somit nach einer einfachen Lösung für eine schwierige Krise. Ähnliche Tendenzen sind durchaus auch in der Realpolitik zu beobachten: der steigenden Entpolitisierung wird mit eingängigen Parolen begegnet, deren Bedeutung schnell erfasst und weitergetragen wird. Schleichend verbreitet sich somit vor allem fremdenfeindliches Gedankengut. Vor den Folgen einer weiteren Ausdehnung dessen zu warnen betrachten wir, die Mitwirkenden des Stücks, daher als unsere Aufgabe und wünschen unserem Publikum eine zum Nachdenken und Diskutieren anregende Aufführung.